Cyber-Reserve, Cyber-Söldner und zivile Unterstützung für die Bundeswehr

Die Süddeutsche Zeitung (lokale Kopie) berichtet von einem aktuell noch intern verhandelten Strategiepapier des BMVg demzufolge der neue Cyber-Bereich der Bundeswehr auch durch zivile Reserve-Kräfte unterstützt werden soll. Diese Vorschläge wurden bereits im Umfeld der Veröffentlichung des Aufbauberichts des neuen Cyber-Organisationsbereich mit Blick auf die Schwierigkeiten der Personalgewinnung geäußert und auf Wirtschaftskooperationen verwiesen, sowie auf Überlegungen zu “ungewöhnliche Karrierewegen”. Diese Planungen werden nun offenbar konkretisiert.

Laut dem internen Papier auf dass sich die Zeitung beruft soll zu Ende 2017 eine Cyber-Reserve mit 100 bis 200 Personen eingerichtet werden, die neben ehemaligen “IT-nahen” Bundeswehrpersonal, Umsteigern innerhalb der Truppe, auch “Freiwillige mit herausragenden (Programmier-)Fähigkeiten, Studierende, Angehörige von Nicht-Regierungsorganisationen, Vereinen oder Verbänden, sonstige Talente oder Freiberufler” umfassen soll. Ferner soll dieser Verband durch operative sowie Führungs-IT-Kräfte aus der Wirtschaft ergänzt werden, wobei der Bericht betont, dass man nicht mit Unternehmen um Fachkräfte konkurrieren sondern statt dessen mit ihnen kooperieren möchte. Dabei sollen auch kurzfristig Fachkräfte und Beratungsleistungen eingekauft werden.

Neben dem offensichtlichen Fachkräftemangel haben die Planungen auch den Hintergrund, dass die Bundeswehr zukünftig insbesondere im Bereich von Cyberattacken im Inland tätig sein will. Obgleich dieses Vorhaben bereits bei der Veröffentlichung des Aufbauberichts auf Grund des Trennungsgebotes inner und äußerer Sicherheitsapparate parlamentarisch auf Widerstand gestoßen ist und das BMVg bislang noch keine Konkretisierung vorgelegt hat, wird damit der Weg einer engeren Vermischung dieser Bereiche weiter verfolgt. Bemerkenswert ist dies insbesondere auch deshalb, weil in den vergangenen Monaten bereits die Institutionen der inneren Sicherheit einen Aufbau eigener Cyber-Verteidigungs-Bereiche vorgestellt hatten. Argumentativ verweist das BVMg dabei stets auf die aus ihrer Sicht zunehmende Schwierigkeit im Cyberspace zwischen innerer und äußerer Sicherheit unterscheiden zu können. Eine nähere Erläuterung worin genau diese Schwierigkeiten bestehen und wo sich im Cyberspace gegenüber bestehenden institutionellen Aufgaben neuartige Abgrenzungsprobleme abzeichen liegt bislang jedoch nicht vor.

Es bleibt abzuwarten ob und wie genau das Planungspapier zur Cyberreserve die genauen Einsatzbedingungen, Regularien und Grenzen solcher Kräfte definiert. Insbesondere die kurzfristige Einbindung ziviler Kräfte, die in den meisten Fällen über keinerlei militärisch relevante völkerrechtliche Ausbildung verfügen dürften, dabei aber mit dem Status von Kombattanten in Konflikten eingesetzt werden, ist kritisch zu bewerten. Daneben ist zu befürchten dass der ohnehin bereits boomende Sektor von IT-Sicherheitsdienstleistungen weiter belebt und durch das Geschäftsmodell der “Cyber-Söldner” ergänzt wird.
Insbesondere vor dem Hintergrund der weltweiten Militarisierung des Cyberspace und den damit einhergehenden Verunsicherungen im Kontext der internationalen Sicherheit sollte das BMVg mit derartigen Plänen deutlich kennzeichnen, wie der berechtigte Aufbau einer besseren Verteidigung im Cyberspace klar von dem, damit einhergehenden Aufbau von Offensiv-Fähigkeiten abgegrenzt wird. Möglicherweise ist aber genau das überhaupt nicht der Wunsch.