Der „Pariser Aufruf für Vertrauen und Sicherheit im Cyberspace“

Am 12. November 2018 stellte Frankreichs Präsident Emanuel Macron auf dem Internet Governance Forum den „Pariser Aufruf für Vertrauen und Sicherheit im Cyberspace“ (Kopie) vor – im Original als „Paris Call for Trust and Security in Cyberspace“) benannt. Der Vorschlag Frankreichs reiht sich in ähnliche Vorstöße der vergangenen Jahre ein, die zum einen im zwischenstaatlichen Dialog entwickelt wurden, wie die Vorschläge der UN „Group of Governmental Experts on Developments in the Field of Information and Telecommunications in the Context of International Security“ (UN-GGE)“, die „Commonwealth Cyber Declaration“ oder die getrennten Vorschläge für Normen staatlichen Verhaltens wie sie zum einen durch die USA nebst Partnern vorgeschlagen wurden und zum anderen ein vergleichbarer Beitrag Russland, Chinas und weiterer Staaten. Auf der anderen Seite gab es aber auch seitens von NGOs und der Wirtschaft einige wichtige Vorstöße, wie Mircosofts „Digitale Genfer Konvention“, Siemens „Charter of Trust“, ein Vorschlag von Google, der Global Commission on the Stability of Cyberspace oder zuletzt Tim Berners-Lee „Contract for the web“. Bislang hat noch keiner der Vorstöße eine internationale Verbindlichkeit erlangt, was durchaus auch an den unterschiedlichen Herangehensweisen der Staaten und ihrer Sicht auf Sicherheit und nationale Souveränität im Cyberspace liegt.  Gleichwohl sind die Debatten ein wichtiges Signal, dass sich die Staatengemeinschaft und die Gesellschaft mit der Bedeutung des Cyberspace als globales Gut befasst und dabei versuchen destabilisierende Entwicklungen einzudämmen und zu regulieren. Auch der Pariser Aufruf ist als ein nicht-bindendes Dokument formuliert und enthält weder detaillierte Maßnahmen noch möchte es neue Institutionen schaffen. Es zielt vielmehr darauf ab, bestehende institutionelle Mechanismen zur „Begrenzung von Hacking- und Destabilisierungsaktivitäten“ im Cyberspace zu fördern. Dieser Vorstoß der französischen Regierung soll die Konfrontationen in den zwischenstaatlichen Debatten und den damit einhergehenden Stillstand aufheben und schlägt zu diesem Zweck vor, die Überwachung der effektiven Umsetzung des Aufrufs dem Internet Governance Forum (UN IGF) als UN Gremium übertragen.

Der Text enthält neun Ziele, die einen Kompromiss der Prioritäten zwischen Staaten, Unternehmen und der Zivilgesellschaft darstellen und sich drei  Hauptthemen widmen: Regulierung staatlicher Aktivitäten auf Basis von Normen, staatliche Souveränität im Cyberspace und Schutz der Bürger.

We reaffirm our support to an open, secure, stable, accessible and peaceful cyberspace, which has become an integral component of life in all its social, economic, cultural and political aspects.

Das Dokument ermutigt zu einer umfassenderen und besser koordinierten Regulierung des Cyberspace, insbesondere die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Es erkennt nicht nur die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts auf den Cyberspace an, sondern auch die Menschenrechte und das Völkergewohnheitsrecht. Dabei soll die Rolle und Aufgabe staatlicher Akteure bei Cyberkonflikten gestärkt und bswp. Hackbacks durch Unternehmen (wie dies u.a. in der USA debattiert wird) ausgeschlossen werden. In gleicher Weise werden „anstößige Operationen nichtstaatlicher Akteure“ sowie die Einflußnahme fremder Staaten auf demokratische Prozeße wie Wahlen verurteilt. Ein weiteres Schlüsselthema des Dokuments ist die Bedeutung des Schutzes von Einzelpersonen und kritischer Infrastrukturen vor Schäden. Das Dokument drängt darauf, den „öffentlichen Kern des Internets“ vor feindlichen Akteuren zu schützen, fordert von der Industrie aber gleichsam ein stärkeres Engagement bei „Sicherheit by Design“ in Produkten und Dienstleistungen.

Der Aufruf wurde zum Veröffentlichungszeitpunkt von 57 Staaten unterschrieben (Kopie), darunter die europäischen Staaten als stärkste Fraktion. Russland und China sind nicht unter den Unterzeichnern und auch die USA haben sich bislang enthalten (Kopie).