Antworten mit Details der Bundesregierung zum Cyberbereich bei der Bundeswehr

Anfang Mai dieses Jahres wurde von der Bundesregierung eine Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE veröffentlicht (lokale Kopie), die sich mit den Ressourcen und Befugnissen des neuen Kommandos Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr (CIR) beschäftigt. Die Abgeordneten fragten dabei insbesondere nach Standorten der Bestandteile des neuen Kommandos, nach deren Teilaufgaben sowie, mit Blick auf das Weißbuch der Bundeswehr von 2016, der darin postulierten Aufgabe der Bundeswehr zur Cyberverteidigung des Landes. Insbesondere letztere könnte sich aufgrund von Zuständigkeitsfragen zwischen der Bundeswehr, den unterschiedlichen Nachrichtendiensten und zivilen Sicherheits-Institutionen als schwierig gestalten. Eine klare Abgrenzung bei diesen Fragen liefert auch die Antwort leider nicht. Statt dessen wird vermutlich mit der angekündigten Aufwertung und dem Ausbau des Cyber-Abwehrzentrums auf die koordinierende Rolle dieser Einrichtung bei Konfliktsituationen gesetzt.

Nachfolgend eine Zusammenstellung der interessantesten Erkenntnisse aus dem Bericht über die Einheiten und Zuständigkeiten des Cyberbereiches, über die Schnittmengen zwischen der klassischen und in der Bundeswehr etablierten elektronische Kampfführung sowie über die Förderung wissenschaftlicher Einrichtungen und der projektbezogenen Drittmittelförderung. Alle Zitate sind, sofern nicht anders gekennzeichnet der Antwort der Bundesregierung entnommen.

Einheiten und Zuständigkeiten

Im Vergleich mit dem Abschlussbericht des Aufbaustabes für den neuen Cyberbereich enthalten die Antworten selbst kaum neue Informationen zu den Bestandteilen des neuen Kommandos CIR. Mit Blick auf die Zusammenführungen sowie Umbenennungen einiger, bereits bestehender Einheiten liefert die Antwort dennoch eine gute “Kästchenkunde” (wie das bei Thomas Wiegold gern genannt wird) und Erläuterung der Zuständigkeiten. Neben anderen Einheiten deren eindeutige Funktion sich aus dem Namen ergibt besteht die größte Verwechslungsgefahr vermutlich bei diesen folgenden Einrichtungen

  • Kommando Informationstechnik der Bundeswehr (KdoITBw):
    Ehemals Führungsunterstützungskommando, übergeordnete koordinierende Stelle über nicht-offensive IT der BW
  • Betriebszentrum IT-System der Bundeswehr (BtrbZ IT-SysBw)
    „Das Betriebszentrum IT-Systeme der Bundeswehr (BITS) ist für die Überwachung und Steuerung des Betriebs des IT-Systems der Bundeswehr, insbesondere für die betrieblichen Aspekte des IT-Servicemanagements verantwortlich. Es ist damit Teil des CIR.“
  • Zentrum für Informationstechnik der Bundeswehr (ZCSBw)
    „Das Zentrum für Cybersicherheit der Bundeswehr (ZCSBw) ist die zentrale Dienststelle zur Gewährleistung eines umfassenden Schutzes der IT-Services und IT-Systeme der Bundeswehr im CIR unter Umsetzung der Schutzziele der Informationssicherheit als Teil der Cyberverteidigung. Daraus ergibt sich der direkte Bezug zum Organisationsbereich CIR“
  • Zentrum Cyberoperationen (ZCO)
    „Die Aufgaben des Zentrums Cyberoperationen (ZCO) umfassen das Aufklären und Wirken im Cyber- und Informationsraum (CIR). ZCO erstellt einen Beitrag zum Cyberlagebild im Rahmen der Warn- und Schutzfunktion der Bundeswehr. Auf dieser Basis werden die Einsätze der Bundeswehr und der Betrieb Inland in der neuen Handlungsdimension CIR unterstützt. Der CIR als Operationsraum ist eine eigenständige Dimension, vergleichbar den Dimensionen Land, Luft, See und Weltraum. Das ZCO klärt auf und wirkt in der Dimension CIR und ist daher im Organisationsbereich CIR als Dienststelle unterhalb des Kommandos Strategische Aufklärung (KSA) eingegliedert.“

In der Antwort der Bundesregierung ist außerdem eine genaue Liste aller Dienststellen des neuen Bereiches CIR angehängt, die hier einzeln herunter geladen werden kann.

Darüber hinaus ist mit der Gründung des neuen Cyber-Bereiches die ursprünglich als Joint-Venture von der Bundeswehr, IBM und Siemens gegründete BWI Informationstechnik GmbH in die alleinige Hand des Bundes übergegangen. Die GmbH wurde gegründet um die Vereinheitlichung und Verbesserung der IT-Landschaft innerhalb der Bundeswehr (bekannt als Projekt HERKULES) umzusetzen. “Diese (..) beschäftigt etwa 2900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unterhält drei Rechenzentren, 25 Servicecenter, vier User-Help-Desks und drei Betriebskompetenzzentren” und soll zukünftig als Systemhaus für die nicht-militärische IT der Bundeswehr dienen. Da die einzelnen Standorte der BWI GmbH zum Teil auch militärische Mitarbeiter umfassen und das Unternehmen zukünftig als Bestandteil des CIR gesteuert wird, enthält die Antwort der Bundesregierung auch eine Aufstellung dieser Angaben, die hier zu finden ist.

Elektronische Kampfführung und der Cyberspace

Die Bundeswehr betreibt seit vielen Jahren eigenen Einheiten für die sogenannten elektronische Kampfführung (ELOKA). Diese Einheiten sind mit der Gründung des CIR Bestandteil dieses neuen Organisationsbereiches. Die Antwort der Bundesregierung listet die Einheiten und deren Aufgaben folgendermaßen auf:

Die Bataillone Elektronische Kampfführung 911, 912, 931 und 932 und die Zentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung werden zukünftig dem Organisationsbereich CIR zugeordnet (Standorte siehe Anlage 1). Sie sind dem KSA unterstellt, welches wiederum direkt dem KdoCIR unterstellt ist. Die Bataillone Elektronische Kampfführung 911 und 931 nehmen Aufgaben in der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung sowie in der Unterstützung von Einsatzverbänden mit Mitteln des Elektronischen Kampfes wahr. Das Bataillon für Elektronische Kampfführung 912 nimmt Aufgaben in der Unterstützung von Einsatzverbänden mit Mitteln des Elektronischen Kampfes sowie Maßnahmen mit seegestützten und luftgestützten Aufklärungsmitteln sowie der Radar- und Richtfunkaufklärung wahr. Das Bataillon für Elektronische Kampfführung 932 nimmt Aufgaben in der Unterstützung von Einsatzverbänden mit Mitteln des Elektronischen Kampfes sowie mobile Funkaufklärung wahr, einschließlich der Unterstützung militärischer Evakuierungsoperationen. Die Zentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung betreibt technisch-wissenschaftliche Analyse und technische Analyse im Rahmen der Technischen Aufklärung der Bundeswehr. Die Zentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung untersucht, entwickelt, realisiert und stellt Verfahren und prototypische Labormuster auf der Basis wissenschaftlicher Methoden für die Erfassung, technische Analyse, Auswertung und den Elektronischen Kampf für das KSA, die Teilstreitkräfte, das Militärische Nachrichtenwesen und nationale Sicherheitsbehörden mit vergleichbaren Aufgaben bereit.

Interessant ist dabei, wie die ELOKA-Kompetenzen im Rahmen der technischen Herausforderungen des Cyberspace eingesetzt werden sollen um das klassische Hacking durch physische Penetration oder Aufklärung von Signalen zu begleiten. Technisch denkbar sind zum Beispiel Verfahren zum Fälschen oder Aushorchen von WLAN- oder Mobilttelefon-Verbindungen aber auch das Anzapfen von Netzwerk-Kabeln. Mit Blick auf diese Fähigkeiten antwortet die Bundesregierung:

Die Aufgaben des Organisationsbereiches CIR sind im Informationsumfeld, dem Cyberraum und dem Elektromagnetischen Spektrum verortet, die untereinander Schnittmengen haben. Dabei nutzt die Elektronische Kampfführung das elektromagnetische Spektrum, um gegnerische Ausstrahlungen zu erfassen, zu lokalisieren und auszuwerten, sowie durch eigene Störmaßnahmen gegnerischen Kräften die Nutzung des elektromagnetischen Spektrums zu verwehren. Damit stellt die Elektronische Kampfführung eine Teilmenge der Fähigkeiten des Organisationsbereiches Cyber- und Informationsraum in den Domänen Aufklärung und Wirkung dar. Informationen, die mit Mitteln der Elektronischen Kampfführung gewonnen werden, unterstützen die Operationsführung im CIR

Forschungsförderung und projektbezogene Fördermittel

Die Parlamentarier neben den Angaben zum CIR auch die Forschungsförderung der vergangenen 10 Jahre die für den CIR-Bereich von Relevanz sein könnte. Im Fokus stehen dabei die Fraunhofer-Institute für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) und Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE).Die Antwort der Bundesregierung umfasst die folgenden beiden tabellarischen Auflistungen der Gesamtförderungen, gibt jedoch keine Auskunft über die Verwendung der Gelder oder über mögliche, bei den Instituten beteiligte Projektpartner. Auf eine ausführliche Darstellung der gezielt geförderten Projekte wird in der Antwort zwar verwiesen, diese ist jedoch als VS-NfD eingestuft und der Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Grundfinanzierungszuwendungen des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) an die FGAN-/Fraunhofer-Institute FHR und FKIE (Betrieb und Invest., alle Angaben in Mio. Euro):

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
FHR 6,9 6,9 9,68 10,07 8,78 9,49 12,05 10,09 10,78 11,08
FKIE 8,95 8,95 9,21 10,34 11,37 11,5 11,01 12,91 11,97 12,66

Drittmittel für Auftrags-Forschungs- und Technologie (F&T)-Vorhaben an FHR und FKIE (Studienverträge und Zuwendungen in Mio. Euro):

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
FHR 0,85 1,25 1,72 3,48 4,67 5,76 8,66 6,37 6,79 4,46
FKIE 2,14 2,52 4,15 5,59 7,44 9,44 10,25 11,59 14,39 12,05

Ferner verweist die Antwort der Bundesregierung darauf, dass die bestehenden Kooperationen mit diesen beiden Forschungseinrichtungen zukünftig weitergeführt werden sollen: “Es kann – und soll – nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten Institute zukünftig im Rahmen der Grundfinanzierung oder der Beteiligung bei Ausschreibungen Konzepte oder Dokumente für die Bundeswehr erstellen oder Forschungsarbeiten für die Bundeswehr durchführen”.

Zu diesem Zweck werden auch bereits bestehende Direkt-Anbindungen der Forschungseinrichtungen an das IT-Netzwerk der Bundeswehr aufrecht erhalten:

Es bestehen zu den Forschungsinstituten auf dem Wachtberg bei Bonn zwei separate Anbindungen zum Bundeswehr-Netz. Eine aktive Daten-Direkt-Verbindung existiert zwischen Forschungsinstituten auf dem Wachtberg und der Generalmajor Freiherr von Gersdorff Kaserne in Euskirchen. Dabei handelt es sich um eine Anbindung des Fraunhofer-Instituts FKIE an die Simulations- und Testumgebung der Bundeswehr. Bei dieser Anbindung wird das Weitverkehrsnetz der Bundeswehr (WANBw) als Transportnetz genutzt. Eine Anbindung der FKIE an die Teilnehmer oder Dienste des WANBw in der Bundeswehr besteht nicht

Neben diesen Aspekten erfragen die Angeordneten auch noch Details zur Sichtweise und mögliche Beteiligung der Bundeswehr bei sogenannten hybride Konflikte sowie dem grundgesetzlichen Rahmen von Einsätzen der Bundeswehr im Cyberspace. Diese Aspekte werden hier jedoch zu einem späteren Zeitpunkt aufgegriffen und sind ansonsten in der Antwort der Bundesregierung selbst nachlesbar.