Bericht des Wehrbeauftragten zu Cyber-Fragen bei der Bundeswehr

Gestern wurde der Jahresbericht 2016 des Wehrbeauftragten als sogenannte Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten (lokale Kopie) veröffentlicht, der neben vielen anderen Aspekten auch auf den, im vergangenen Jahr beschlossenen Aufbau eines eigenständigen Cyber-Organisationsbereiches bei der Bundeswehr sowie der Einrichtung eines dafür zuständigen Stabes im Bundesverteidigungsministerium eingeht.

Einleitend attestiert der Bericht die Notwendigkeit der Verteidigungsfähigkeiten Deutschlands sowie zu Beiträgen im Rahmen der NATO-Bündnispflichten auch aufgrund der gestiegenen Vorfälle bei Cyber-Attacken auf kritische Infrastrukturen sowie die neuen Formen der hybriden und Cyber-Kriegsführung.  Gleichwohl wird warnend darauf verwiesen, dass die Rekrutierung von Fachpersonal schwierig ist und, wie bereits früher erwähnt, „ergebnisoffen über Spezialistenlaufbahnen nachzudenken [sei], die nicht den bestehenden starren Regelungen unterworfen sind“.

Das Thema der Cyber-Fähigkeiten der Bundeswehr behandelt der Bericht dann relativ knapp unter dem Titel  „Cyber-Verteidigung“ und verweist in erster Linie auf die im Rahmen des eingangs erwähnten Beschlusses aufzubauenden Cyber-Einrichtungen bei der Bundeswehr sowie eines Cyber-Forschungszentrum („CODE“) an der Bundeswehr-Universität in München. Ferner wird eine Erhöhung der 2017 verfügbaren Bundeswehr-Mittel für den Cyber-Bereich erwähnt.

Kritisch geht der Wehrbeauftrage mit dem bisherigen Bundeswehr-Umgang bei völkerrechtlichen Fragen zu Cyber-Einsätzen der Bundeswehr um und legt damit den Finger auf eine offene Wunde, da es bislang international gültigen vertraglichen Vereinbahrungen zu derartigen Fragen gibt:  „Es reicht nicht, wenn das aktuelle Weißbuch vom „Erreichen eines gemeinsamen Verständnisses zur Anwendung des Völkerrechts auf den Cyber- und Informationsraum“ spricht.“ Bislang erfolgt der Aufbau der neuen Cyber-Bereiche sowie der Auf- und Ausbau der seit 2006 bestehenden Cyber-Einheit der Bundeswehr für offensive Einsätze (CNO), ohne solche klaren Regeln. Deren erster, offiziell nicht bestätigter Einsatz Ende des vergangenen Jahres bleibt im Bericht jedoch ebenso unerwähnt wie die schwierige Nähe der Bundeswehr-Cyber-Forschungsstelle in München zur Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS), die im Rahmen der aktuellen Cyber-Sicherheitsstrategie unter Führung des BMI für behördlichen technischen Support bei Cyber-Hilfsmitteln neu eingerichtet wird und (u.a.) auch eine Beschaffungsstelle für „Cyber-Waffen“ werden könnte.

Gerade mit Blick auf die umso wichtigere parlamentarische Kontrolle dieser neuen Vorhaben und die Diskussion völkerrechtlicher Aspekte der Cyber-Verteidigung schlägt der Bericht des Wehrbeauftragten daher die Einrichtung eines eigenständigen parlamentarischen Unterausschuss für Cyberfragen vor.

Der gesamte Cyber-Abschnitt aus dem Bericht des Wehrbeauftragen hier nochmals im Wortlaut:

Cyber-Verteidigung Beim Gipfeltreffen in Warschau am 8. Juli 2016 schlossen die NATO-Bündnispartner eine Vereinbarung zur Cyber-Abwehr. Im Oktober 2016 kam es zur Einrichtung einer Cyber-Abteilung im Bundesministerium der Verteidigung, und es wird ein neuer militärischer Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum mit Sitz in Bonn aufgestellt. Er soll im April 2017 seine Arbeit aufnehmen. Außerdem wird ein CyberForschungszentrum der Bundeswehr und des Bundes an der Bundeswehr-Universität in München aufgebaut. Die größte Herausforderung wird es sein, schnell ITSpezialisten für diesen wachsenden Bereich zu finden. Der Cyber-Personalbedarf sollte allerdings nicht dazu führen, dass nun massiv Soldatinnen und Soldaten aus anderen Organisationsbereichen abgezogen werden und dort zusätzliche Vakanzen entstehen. Eine Besetzung des neuen Bereichs überproportional mit zivilem Personal erscheint mit Blick auf das Aufgabenspektrum durchaus möglich.

Der Deutsche Bundestag hat bei seinen abschließenden Haushaltsberatungen 2017 die Mittel für den Cyberbereich noch einmal aufgestockt. Der Verteidigungsausschuss hat das Verteidigungsministerium gebeten, zukünftig in seinen Einzelplan einen eigenen Haushaltstitel für das neue Kommando einzustellen. Zudem fordert der Haushaltsausschuss das Verteidigungsministerium auf, einen jährlichen Sachstandsbericht zum Thema „Cyber- und Informationsraum“ vorzulegen. Wichtig für die Bundeswehr sind hier klare Rechtsgrundlagen. Die Parlamentsbeteiligung muss sichergestellt sein. Die Einbeziehung des Cyberraums in künftigen Mandaten wirft Fragen auf, die zeitnah beantwortet werden müssen. Es reicht nicht, wenn das aktuelle Weißbuch vom „Erreichen eines gemeinsamen Verständnisses zur Anwendung des Völkerrechts auf den Cyber- und Informationsraum“ spricht. Hier könnte vielleicht ein parlamentarischer Unterausschuss für Cyberfragen weiterhelfen. (Q: Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten, Jahresbericht 2016 (Drucksache 18/10900)   / lokale Kopie)